(Landkreis). Trotz rückläufiger Tendenzen steht das Ehrenamt in Deutschland hoch im Kurs. Allein im Landkreis Rotenburg versehen etwa 7.000 Mitbürger ihren Dienst in den Freiwilligen Feuerwehren und zeigen damit ein sehr zeitintensives und herausforderndes Engagement. Innerhalb der Feuerwehren gibt es wiederum ganz besondere Positionen, die von ihren Posteninhabern besonders viel abverlangen – eine davon ist der Gruppenführer.

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(Landkreis). Trotz rückläufiger Tendenzen steht das Ehrenamt in Deutschland hoch im Kurs. Allein im Landkreis Rotenburg versehen etwa 7.000 Mitbürger ihren Dienst in den Freiwilligen Feuerwehren und zeigen damit ein sehr zeitintensives und herausforderndes Engagement. Innerhalb der Feuerwehren gibt es wiederum ganz besondere Positionen, die von ihren Posteninhabern besonders viel abverlangen – eine davon ist der Gruppenführer.

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Im Routinedienst ist der Gruppenführer für seine ihm anvertrauten Feuerwehrleute verantwortlich. Er muss die Übungsdienste abwechslungsreich und ausgewogen gestalten. Die Dienste müssen einerseits interessant sein und Spaß machen, die Truppe muss aber auf alle Einsatzszenarien vorbereitet sein, sodass auch mal Wiederholungen und trockene Themen anstehen. Der Gruppenführer muss ein Auge für seine Mannschaft haben, um die besonderen Interessen und Fähigkeiten seiner Leute zu erkennen und diese gezielt zu fördern.

Bei Einsätzen führt der Gruppenführer sein jeweiliges Fahrzeug und die dazugehörige Besatzung. Er entscheidet, wie er seine Löschgruppe zum Einsatz bringt und welche Mittel er dazu einsetzt. Das ist eine sehr herausfordernde Aufgabe, zumal unter großem Stress und hohem Zeitdruck weitreichende Entscheidungen getroffen werden müssen. Die ersten taktischen Entscheidungen am Einsatzort, können für den Erfolg oder Misserfolg des Einsatzes maßgeblich sein – diese Last trägt der Gruppenführer des ersteintreffenden Fahrzeuges.

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Für Ingo Evers, Gruppenführer in Bremervörde, hat diese Aufgabe aber noch einen anderen Reiz. Ihm bedeutet es etwas, innerhalb dieser Gemeinschaft etwas gestalten und bewegen zu können. Er muss auf viele einzelne Charaktere eingehen können und sie auf den gemeinsamen Kurs bringen. Wenn er dann sieht, wie das in den Übungen erlernte Wissen angewendet wird, ist es für ihn ein besonderes Erfolgserlebnis. Gutes Einfühlungsvermögen führt er als wichtige Eigenschaft eines Gruppenführers an, denn er muss ein Gespür dafür haben, welcher Führungsstil in der Ausbildung angebracht ist, um effektiv und nachhaltig zum Lernerfolg zu kommen. Im Einsatz muss dann das Erlernte schnell und situationsbezogen, ohne große Überlegungen angewandt werden können. Dann führt nur der hierarchische Führungsstil zum Erfolg – zügig müssen Kommandos erteilt und umgesetzt werden.

 

Gruppenführer Andy Mulkes, ebenfalls aus Bremervörde, fügt ergänzend hinzu, dass man als Führungskraft aber auch genügend Handlungsspielraum lassen muss, sodass sich die Truppe entwickeln kann. Er ist immer besonders stolz, wenn die Gruppe selbständig agiert und völlig neue Lösungswege entwickelt. Damit werde auch die Improvisationsfähigkeit trainiert – für Feuerwehrleute sehr wichtige Eigenschaften.

Als Problem bewertet er die immer knapper werdende Zeit der Leute. Der Beruf fordert sehr viel Zeit und auch die Familien sollen nicht zu kurz kommen. Wenn dann neben den Routinediensten auch noch Sonderdienste für Atemschutz-, Drehleiter- oder Bootsausbildung hinzukommen, müsse der Gruppenführer schon sehr kreativ bei der Dienstgestaltung sein, damit diese nicht langweilig werden und die Leute fernbleiben. Ein besonderes schönes Erlebnis war daher, als Andy Mulkes bei seinem Arbeitgeber eine komplexe Übung zur technischen Hilfeleistung ausgearbeitet hatte und anschließend das Lob erhielt, dass das die bislang beste Übung gewesen sei – so etwas ist ungemein motivierend.

 

Thomas Meyer ist Gruppenführer bei der Feuerwehr Sittensen und auch er ist davon überzeugt, dass besonderes Feingefühl zu den Eigenschaften eines Gruppenführers gehören sollte. Nicht nur den unterschiedlichsten Charakteren in der Feuerwehr muss man gerecht werden, manchmal sind es auch die Betroffenen bei Einsätzen, denen man mit besonderer Aufmerksamkeit begegnen muss. An seine heutige Aufgabe wurde er während seiner Feuerwehrlaufbahn durch Lehrgänge und die ihm übertragene Verantwortung innerhalb der Feuerwehr herangeführt. So war er beispielsweise mit der Ausarbeitung von Diensten beauftragt worden und lernte so, an was alles zu denken ist. Er erfuhr auch, dass ein Großteil der Arbeit hinter den Kulissen und abseits der Aufmerksamkeit stattfindet – das sei heute als Gruppenführer nach wie vor so. Loyalität und Pflichtbewusstsein haben einen hohen Stellenwert, denn man wird als Gruppenführer nicht nur an seinen fachlichen Leistungen gemessen. Man ist auch Vorbild und deshalb spielen Charaktereigenschaften und persönliches Verhalten im und außer Dienst eine wichtige Rolle. Von seinen Leuten kann man nicht etwas verlangen, was man selbst nicht vorlebt.

 

Aber ein langer Weg ist zurückzulegen, bevor man Gruppenführer in der Feuerwehr werden kann. Zunächst braucht man viel Feuerwehrerfahrung, denn im normalen Dienstbetrieb muss man bereits sattelfest sein, bevor man eine Löschgruppe führen kann. Auch vorangehende Lehrgänge müssen erfolgreich abgeschlossen werden, beispielsweise der Truppführerlehrgang. Dort lernt man, wie man einen Trupp aus zwei oder drei Feuerwehrleuten führt, wie man Gefahren einschätzen kann und welche Informationen dringend weitergegeben werden müssen, damit der Einsatzleiter gute Entscheidungen treffen kann. Dann schließlich kann man an der Niedersächsischen Akademie für den Brand- und Katastrophenschutz den Gruppenführerlehrgang besuchen, welcher aus zwei Modulen besteht und jeweils eine Woche dauert.

Während der Ausbildung lernt man dann das Führungshandwerk für seine Löschgruppe. Neben vielen rechtlichen Dingen sind es vor allem taktische Grundsätze und standardisierte Befehls- und Verfahrensmuster, die einem helfen sollen, auch unter großem Stress die Kontrolle über die Lage zu behalten. Unter der strengen Aufsicht der erfahrenen Ausbilder üben die angehenden Gruppenführer auf dem Lehrgang in Rollenspielen verschiedene Szenarien durch. Vielen wird dort die hohe Verantwortung des Gruppenführers erst richtig vor Augen geführt. Die Leute interessiert es im Einsatzfalle nicht, ob es sich bei den Rettungskräften um eine Berufsfeuerwehr oder eine Freiwillige Feuerwehr handelt – sie erwarten professionelles Vorgehen. Die ersten Entscheidungen bei einem Einsatz sind die wichtigsten, denn später kann man nur auf diesen Entscheidungen nur noch aufbauen und nichts mehr rückgängig machen. „Es ist wie bei einem Hausbau“, vergleicht einer der Ausbilder, „wenn das Fundament schlecht ist, kann der Dachdecker später auch nicht mehr viel machen“. Zu seien Aufgaben gehört daher zunächst eine ordentliche Lageerkundung, anschließend überlegt er sich das taktische Vorgehen und gibt dann den Einsatzbefehl an seine Gruppe. Bis zur Größe einer Löschgruppe, kann der Gruppenführer Einsätze selbständig leiten. Erkennen kann man den Gruppenführer an der Einsatzstelle in der Regel an seiner roten Weste. Diejenigen, die über eine Gruppenführerqualifikation verfügen, sind mit einem roten Balken am Helm markiert – so kann man auch im turbulenten Einsatzgeschehen schnell Einsatzkräfte mit Führungsqualifikationen erkennen.

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Und das Einsatzgeschehen hält einiges parat für die Feuerwehrführungskräfte und stellt sie immer wieder vor große Herausforderungen. Thomas Meyer erinnert sich noch besonders gut an einen schweren Verkehrsunfall auf der Autobahn A1 mit mehreren Toten, darunter auch ein Kind – 124 Einsatzkräfte waren damals im Einsatz. Dabei einen kühlen Kopf zu bewahren und die Einsatzkräfte zielgerecht zu steuern sei bei solchen Ereignissen nicht einfach. Nach diesem Einsatz wurde mit der Mannschaft noch ein Gespräch mit einem Notfallseelsorger geführt, um das Erlebte zu verarbeiten. Auch in solchen Situationen ist der Gruppenführer gefordert voranzugehen und keinen seiner Leute mit den Gedanken allein zu lassen.

 

Wenngleich es schon etwas Besonderes ist, überhaupt in der Freiwilligen Feuerwehr seinen Dienst zu leisten, so nehmen die Gruppenführer eine besondere und zentrale Rolle ein. Mit ihnen steht und fällt die Leistung einer Feuerwehr. In jeder der über 150 Feuerwehren des Landkreises Rotenburg leisten sie ihren besonderen Dienst und leben die Werte der Feuerwehr tagtäglich vor. Aber so anspruchsvoll diese Karriere in der Feuerwehr auch ist, sie ist auch eine der interessantesten Verwendungen, die die Feuerwehr zu bieten hat.